12. September 2019
Dienstagabend auf dem Fussballplatz Ostermundigen bei Bern. Kurz vor Anpfiff geht Andy Egli nochmals Spielsituationen mit seinem Team durch. «Ich will, dass ihr euch anbietet, bereitsteht. Den Ball laufen lasst», bellt der ehemalige Nati-Star mit ernster Miene in die Runde. Trotz Eglis dunkelblauem T‑Shirt mit der Aufschrift «Arosa» ist jedem hier sonnenklar: Der Coach des FC Erfrischungsgetränke ist alles andere als in Après-Ski-Laune.
Sein Team hat nämlich so einiges gut zu machen an diesem sonnigen Septemberabend. Bei der letzten Begegnung vor zwei Jahren kassierte der FC Erfrischungsgetränke eine derbe Niederlage gegen den FC Nationalrat. Nach 70 Minuten (es werden jeweils 2 x 35 Minuten gespielt) hiess es 8:0 für die Parlamentarier. Ohnehin, der FC Nationalrat ist ein gefürchteter Gegner auf dem Rasen. Und zwar im In- und Ausland: Seit 2018 darf sich das bunt durchmischte Parlamentarierteam nach einem Finalsieg gegen die Amtskollegen aus Finnland Europameister nennen.
Routine gegen Ehrgeiz
So weit, so spektakulär. Aber zurück nach Ostermundigen. Andy Egli findet vor Matchbeginn noch ein paar Worte vor der Kamera: «Die Spieler des FC Nationalrat treffen sich im Jahr während vier Sessionen regelmässig zum Kicken. Damit sind sie eingespieltes Team, routiniert und abgeklärt», bilanziert er. «Aber!» – und jetzt leuchten die Augen des Trainers vom FC Erfrischungsgetränke begeistert – «die haben den Kopf doch bei den Wahlen. Unser Team hingegen brennt so richtig für dieses Spiel». Und nicht weniger euphorisch: «Ich wünsche mir einen Sieg!».
Anpfiff. Hannes Germann, seines Zeichens 63-jährig, Topskorer und SVP-Ständerat aus dem Kanton Schaffhausen, sprintet gleich zu Beginn in die Spitze der gegnerischen Hälfte vor. Hinten machen die Parlamentarier das Feld zu. Die viel beschworene Routine beginnt zu laufen wie ein Schweizer Uhrwerk. Die Erfrischungsgetränkler hingegen müssen sich erst einmal sammeln. Durchatmen, Nervosität abbauen, Ruhe ins Spiel bringen. Der Ball geht dem FC Erfrischungsgetränke zu Beginn des Spiels viel zu leicht von den Füssen. Ins Aus, zum Gegner, ins Niemandsland. Auch Coach Egli bemerkt das. Mit heiligem Ernst steht er an der Seitenlinie und orchestriert sein Team händefuchtelnd und durch lautes Zurufen. Ihm gleich tut es der Ex-Profi und Coach der Parlamentarier Roger Hegi.
23’ Germann trifft!
Der FC Erfrischungsgetränke beginnt, sich nun langsam aber sicher zu formieren. Ein schöner Angriff unter der Ägide von Philip Wüst und Kevin Giger wird erst mit Ballverlust im Strafraum der Parlamentarier zunichte gemacht. Thomas Minder, Matthias Aebischer und Beat Jans sorgen dafür, dass nur wenig Platz bleibt für die Sturmspitze des FC Erfrischungsgetränke.
Der FC Nationalrat wiederum – unbeeindruckt von der jugendlichen Fitness der gegnerischen Mannschaft – versucht, durch die Mitte nach vorne zu preschen. Das wird einmal, zweimal, ja dreimal gefährlich. Und plötzlich steht da – wer sonst?! – Hannes Germann mit dem Ball vor dem Tor. Und der trifft! Die Parlamentarier gehen kurz vor der Halbzeit in Führung. Ist das ein böses Omen? Erinnerungen werden wach.
Halbzeit-Humor
Erst einmal durchatmen, etwas trinken, ist noch Traubenzucker da? Beide Teams versammeln sich zur Spielpause in Halbkreisformation um ihre Trainer. Spieler Phillip Wüest vom FC Erfrischungsgetränke gibt sich kämpferisch: «Wir drehen dieses Spiel noch. Wir merken, dass die Parlamentarier bei den Zweikämpfen etwas nachlassen. Das nutzen wir aus.» Beim FC Nationalrat hingegen ist man guter Dinge, fast schon befreit in der Verschnaufpause am Energie tanken. Bernhard Guhl dazu sinngemäss: «Wir merken schon, dass die etwas jünger sind als wir. Wir sind ja alles ältere Semester – also nicht ich, aber die anderen». Der BDP-Nationalrat lacht dabei so herzhaft schelmisch, als hätte sein Team bereits gewonnen. Nix da. Weiter geht’s, ab in die zweite Spielzeit.
Erst der Strafstoss, dann die Wende
Coach Eglis Taktik scheint aufzugehen. Ball spielen lassen, jeder vom FC Erfrischungsgetränke rennt jetzt für den anderen. Zu tun hat nun vor allem Luigi Di Rubba, der Goalie des FC Nationalrats. Ein Angriff von Philip Wüst wird vom Abwehrteam der Parlamentarier im Sechzehner vereitelt. Doch Wüst fällt zu Boden. Schwalbe? Niet. Der Unparteiische pfeift zum Elfmeter. Philip Wüst nimmt Anlauf und schmettert dem Torwart das runde Leder direkt auf den Körper, der Ball springt ab und die Nr. 5 des FC Erfrischungsgetränke kriegt nochmals die Möglichkeit, nachzulegen. Beim zweiten Anlauf klappt’s: Der Ball wuchtet ins Netz. Tor zum Ausgleich.
Das Spiel gewinnt jetzt an Brisanz. Bemerkenswert ist neben der Ebenbürtigkeit der Mannschaften auch das Fairplay, die Spieler helfen einander auf, es gibt kaum Fouls, unschöne Grätschen kommen ebenfalls nicht vor.
«Grenzen aufgezeigt zu bekommen, hat auch etwas Gutes»
Die zuvor angesprochene Fitness des FC Erfrischungsgetränke macht sich im letzten Abschnitt des Spiels langsam aber sicher bemerkbar. Die Erfrischungsgetränkler dominieren das Match, dürfen auf Kräfte zurückgreifen, die den Unterschied ausmachen könn(t)en. Die Parlamentarier verlieren an Ballbesitz und lediglich Germann, der immer wieder gefährlich nahe vor dem gegnerischen Tor lauert, sorgt für die ein oder andere brenzlige Situation.
Kurz vor Schluss dann aber doch ein Patzer in der Spielhälfte der Roten. Torschütze Philip Wüst kriegt den Ball vor die Füsse und gelangt damit in den Strafraum der Gegner. Er zieht ab – und schiesst den FC Erfrischungsgetränke zum Sieg. Es bleibt beim hauchdünnen 2:1. Ein Resultat, über das FC Erfrischungsgetränke-Captain Tamara Stutz nur jubeln kann: «Wir haben gespielt, um zu gewinnen! Jetzt können wir feiern. Die letzte Niederlage ist vergeben und vergessen!» Auch FC Nationalrat-Captain Hannes Germann findet an der Niederlage etwas Positives. «Das Resultat ist gar nicht so schlecht. Einmal das eigene Limit aufgezeigt zu bekommen, tut gut», so der amtierende Europameister. Chapeau!
FC Nationalrat
Roger Hegi (Coach), Hannes Germann (Cap.), Matthias Aebischer, Marcel Dobler, Jonas Fricker, Hannes Germann, Jonas Fricker, Bernhard Guhl, Lorenz Jaggi, Beat Jans, Thomas Minder, Damian Müller, Marco Romano, Luigi Di Rubba, Martin Rupp, Mathias Rusterholz.
FC Erfrischungsgetränke
Andy Egli (Coach), Tamara Stutz (Cap.), Philip Wüst, Balazs Schmidt, Christian Stark, Fabian Weidmann, Julian Strunk, Kevin Giger, Marco Schwarz, Pascal Rast, Manuel Klaiber, Philip Horber, Ramin Born, Rifat Husic, Adrian Haag, Kurt Widmer, Simon Völlmin, David Jäggi, Dominik Müller, Serge Rohrbach, Silvan Brauen, Christoph Lienert.