Aktuell

22. März 2017

Sechs Gründe gegen eine Steuer auf Erfrischungsgetränke zur Finanzierung von Zahnarztkosten

Im Kanton Waadt kommt dieses Jahr eine Initiative zur Abstimmung, die ein Lohnprozent in eine obligatorische Zahnversicherung umleiten will. Die Regierung bekämpft diese Initiative mit einem Gegenvorschlag: Die Hälfte der zusätzlichen Kosten für diese Präventionsmassnahme soll mit einer Steuer auf Erfrischungsgetränke finanziert werden. Eine willkürliche Diskriminierung, gegen die sechs wichtige Punkte sprechen.

1. Zuck­er ist in den ver­schieden­sten Lebens­mit­teln enthal­ten. Sich im Gegen­vorschlag auss­chliesslich auf nur ein Pro­dukt zu konzen­tri­eren, ist unglaub­würdig und ungerecht. 

Es heisst, der Zusam­men­hang zwis­chen Erfrischungs­getränken und Karies sei offen­sichtlich, weshalb die Her­steller auch ihren Beitrag zu den Zah­narztkosten leis­ten sollen. Der Ver­band Schweiz­erisch­er Min­er­alquellen und Soft-Drink-Pro­duzen­ten (SMS) betont, dass Den­tal-Ero­sion auf­grund von Säureein­wirkung nicht nur ein getränke­spez­i­fis­ches Prob­lem ist. In der Natur und der Ernährung kom­men sehr viele ver­schiedene Säuren vor. Mass­gebend für die Gesun­der­hal­tung der Zähne ist nach wie vor eine gute Mundhygiene.

 

2. Die Kalo­rien­zu­fuhr durch Erfrischungs­getränke macht nur drei Prozent aus. 

Die waadtländis­che Regierung recht­fer­tigt den Fokus auf Erfrischungs­getränke auch mit der Begrün­dung, dass durch deren Kon­sum das Risiko von Übergewicht beste­he, der Kon­sum hoch sei und es sich dabei um «leere» Kalo­rien han­dle. Wir meinen: Kalo­rien sind und bleiben ein­fach Kalo­rien. Die Sta­tis­tiken zeigen klar, dass Europäer im Durch­schnitt lediglich drei Prozent ihrer täglichen Kalo­rien­zu­fuhr durch den Kon­sum von Erfrischungs­getränken deck­en und somit nur zu einem sehr kleinen Teil mitver­ant­wortlich gemacht wer­den kön­nen. Eine ein­seit­ige Besteuerung von Erfrischungs­getränken ist daher ungerecht­fer­tigt und unver­hält­nis­mäs­sig. Zudem ist der schweiz­erische Pro-Kopf-Kon­sum von Erfrischungs­getränken seit Jahren rückläufig. 

 

3. Die Steuer trifft Haushalte mit einem gerin­gen Einkommen. 

Ein Liter soll durch eine Steuer max­i­mal 30 Rap­pen mehr kosten. Dabei bleibt es aber nicht. Die Kon­sumenten wür­den gle­ich dop­pelt belastet wer­den: Zusät­zlich zur Preis­er­höhung der Getränke wür­den auch jew­eils max­i­mal 0.06 Lohn­prozente für die Finanzierung des Gege­nen­twurfs direkt abge­zo­gen wer­den. Eine Summe, die beson­ders Haushalte mit einem gerin­gen Einkom­men belas­ten würde.

170316_igeg_ereignis3_grafik_d1

Quelle: Mon­i­tor «Ernährung und Bewe­gung», gfs.bern, 2016.

 

4. Die Wirk­samkeit ein­er solchen Steuer ist nicht erwiesen. 

In Europa ken­nen Bel­gien, Ungarn, Finn­land und Frankre­ich Fett- oder Zuck­er­s­teuern. Die Steuere­in­nah­men freuen zwar die Finanzmin­is­ter. Die gewün­schte Wirkung auf die Kon­sumge­wohn­heit­en haben sie aber nicht. Häu­fig fiel hier nach der Ein­führung auf, dass ver­mehrt auf gün­stigere Dis­counter-Alter­na­tiv­en zurück­ge­grif­f­en wurde, ohne dass der eigentliche Kon­sum reduziert wurde. Seit Jahren führen Her­steller ausser­dem kalo­rienre­duzierte Alter­na­tiv­en in ihren Sor­ti­menten. Auch diese wären von der Steuer unnötig betroffen.

 

5. Die Ein­führung ein­er Steuer auf Erfrischungs­getränke fördert den Einkaufstourismus.

Das Beispiel Bel­gien zeigt, dass die Ein­führung ein­er Steuer auf Erfrischungs­getränke den Einkauf­s­touris­mus fördert. Im Falle des Kan­tons Waadt würde sich dieser auf die angren­zen­den Kan­tone und Frankre­ich beziehen. Abge­se­hen davon muss auch die prak­tis­che Unmöglichkeit ein­er Umset­zung beleuchtet wer­den. Soll im Kan­ton Fri­bourg der Kauf von Erfrischungs­getränken, die hin­ter­her im Kan­ton Waadt kon­sum­iert wer­den, gar kon­trol­liert oder ver­hin­dert werden?

170316_igeg_ereignis3_grafik_d2

Quelle: Studie «Aus­lan­deinkäufe 2015», GfK Switzer­land AG, Feb­ru­ar 2016.

 

6. Die Steuer hil­ft niemandem. 

Bei grossen Detail­händlern wäre es unwahrschein­lich, dass die Steuer auf den Kon­sumenten abgewälzt wer­den würde, da diese kaum in einem Kan­ton andere Preise ver­lan­gen wer­den als in der restlichen Schweiz. Würde sich die Ein­führung der Steuer dann über­haupt lohnen, wenn sie in den grossen Läden keine Preisän­derung bewirkt? Eine weit­ere Frage, die die Ein­führung dieser Steuer umso absur­der wirken lässt.

 

In Deutsch­land lehnen sog­ar Krankenkassen eine Steuer ab, die den Kon­sum von Erfrischungs­getränken eindäm­men soll.

 

Link

Pro-Kopf-Kon­sum Erfrischungs­getränke in der Schweiz