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20. September 2023

Schweizer Stimmberechtigte wollen die Ernährung nicht mit Steuern lenken

Wenn es um Lebensmittel geht, wollen Schweizerinnen und Schweizer Transparenz. 1'000 befragte Stimmberechtigte ziehen Aufklärung staatlicher Intervention mehrheitlich vor. Steuern zur Lenkung der Ernährung lehnen sie ab. Die meisten essen regelmässig Fleisch. Jeder Fünfte nimmt Nahrungsergänzungsmittel. Ein Drittel spürt Druck, sich auf eine bestimmte Weise zu ernähren. Zu diesen Erkenntnissen kommt der repräsentative Monitor Ernährung und Bewegung 2023 von gfs.bern.

 

72 Prozent der Stimm­berechtigten essen regelmäs­sig Fleisch

Fleis­ch­er­satz-Pro­duk­te erobern die Regale. Veg­e­tarisch oder veg­an ernähren sich aber nur je 3 Prozent der stimm­berechtigten Schweiz­er.1 72 Prozent essen regelmäs­sig Fleisch. 21 Prozent sehen sich als Flex­i­tari­er, die gele­gentlich zu Fleisch greifen. Mehr Män­ner als Frauen essen regelmäs­sig Fleisch (82 Prozent vs. 63 Prozent). Unter­schiede zeigen sich auch zwis­chen Gen­er­a­tio­nen: Bei den Baby­boomern (Jahrgänge 1946 – 1964) ist der Flex­i­tari­er-Anteil mit 28 Prozent am höch­sten. Bei jenen mit Jahrgang 1945 und älter liegt er bei 8 Prozent.

 

Die meis­ten find­en ihre Ernährung ausgewogen

85 Prozent betra­cht­en ihre Ernährung als aus­ge­wogen. Der Anteil jen­er, die sie beson­ders aus­ge­wogen find­en, nimmt seit 2021 ab. 70 Prozent sind mit ihrem Gewicht zufrieden, ein Vier­tel möchte abnehmen. 2023 haben 36 Prozent gesagt, dass sie pro Tag min­destens drei Por­tio­nen Gemüse, Salat und Früchte essen. 2014 waren es noch 60 Prozent. 97 Prozent find­en, dass frisches Essen der Gesund­heit mehr nützt als Nahrungsergänzungsmit­tel. Für 88 Prozent macht aus­ge­wo­gene Ernährung Nahrungsergänzungsmit­tel überflüssig.

 

Jed­er Fün­fte nimmt regelmäs­sig Nahrungsergänzungsmittel

22 Prozent geben an, regelmäs­sig Nahrungsergänzungsmit­tel wie Vit­a­mine, Min­er­al­stoffe oder Fettsäuren zu nehmen. Sie wollen einen Man­gel aus­gle­ichen (75 Prozent), Krankheit­en vor­beu­gen (72 Prozent) oder mehr Energie haben (66 Prozent). 26 Prozent möcht­en Haare, Nägel und Haut stärken, 25 Prozent den Kör­p­er for­men. Weit­ere Gründe sind chro­nis­che Schmerzen (12 Prozent) und der Kinder­wun­sch (8 Prozent). Je jünger die Befragten, desto wichtiger scheint es, Energie zu haben und den Kör­p­er zu for­men. Bei Älteren ste­ht Präven­tion im Zentrum.

 

Ein Drit­tel spürt Druck, sich auf eine bes­timmte Art zu ernähren

81 Prozent essen, worauf sie Lust haben. Ein Drit­tel nimmt Druck wahr, sich auf eine bes­timmte Art zu ernähren. 32 Prozent spüren Druck aus dem Umfeld, 30 Prozent aus der Gesellschaft. Ange­hörige der Gen­er­a­tion Z (Jahrgänge 1995 – 2009) nehmen solchen Druck häu­figer wahr als Baby­boomer. Eine Gemein­samkeit gibt es bei den Ess­ge­wohn­heit­en: 83 Prozent ver­suchen, sich nach­haltig zu ernähren. Fern­er essen 47 Prozent gerne und regelmäs­sig in Restau­rants, während 29 Prozent sagen, dass sie ihr Geld für Lebens­mit­tel ein­teilen müssen. Die Snack­i­fi­ca­tion hat Einzug gehal­ten: 38 Prozent essen nicht drei Hauptmahlzeit­en, son­dern viele kleine.

 

Ernährung soll nicht mit Steuern gelenkt werden

Wie soll das Ernährungsver­hal­ten bee­in­flusst wer­den? 75 Prozent wün­schen sich eine Gesellschaft, die auf Infor­ma­tion und Aufk­lärung set­zt, um die Eigen­ver­ant­wor­tung zu stärken. Der Teil der Stimm­berechtigten, die das Ernährungsver­hal­ten mit Steuern und Geset­zen lenken wollen, liegt zwis­chen 10 und 15 Prozent. Eine Mehrheit lehnt solche Steuern und Geset­ze ab. Eine Ver­schiebung lässt sich jedoch fest­stellen: 2022 sprachen sich 13 Prozent dafür aus, Übergewicht staatlich zu bekämpfen, 2023 sind es 24 Prozent.

 

Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten sind ver­ant­wortlich für ihre Ernährung

Wer trägt dazu bei, dass sich Schweiz­erin­nen und Schweiz­er aus­ge­wogen ernähren und aus­re­ichend bewe­gen? Aus Sicht der Stimm­berechtigten leis­ten Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten den grössten Beitrag, mit 7.5 auf ein­er Skala von 0 bis 10. Auf dem zweit­en Platz sind Fam­i­lie und Fre­unde (6.6), auf dem drit­ten die Schulen (6.0). Darauf fol­gen Kon­sumenten­schut­zor­gan­i­sa­tio­nen (5.9), das Bun­de­samt für Gesund­heit (5.8), Lebens­mit­tel­her­steller (5.8), Medi­en (5.6) und die Getränke­branche (5.5).

 

Staat und Wirtschaft sollen auf Präven­tion und Aufk­lärung setzen

Bei staatlichen Mass­nah­men für Ernährung und Bewe­gung ste­ht Präven­tion vor Inter­ven­tion. Die höch­ste Zus­tim­mung erhal­ten Präven­tion­spro­gramme für Risiko­grup­pen sowie Pro­jek­te mit der Wirtschaft (je 92 Prozent). Ein Beispiel für Pro­jek­te von Staat und Wirtschaft ist die Zuck­erre­duk­tion im Rah­men der Erk­lärung von Mai­land. 86 Prozent Zus­tim­mung erhält oblig­a­torische Ernährungskunde in den Schulen. 72 Prozent sprechen sich für mehr Sportun­ter­richt aus. Wie kön­nen Lebens­mit­tel­her­steller zu aus­ge­wo­gen­er Ernährung beitra­gen? 96 Prozent wün­schen sich trans­par­ente und ver­ständliche Angaben zu Pro­duk­ten. 87 Prozent befür­worten eine Vere­in­fachung der Nährwertdeklaration.

 

Mehrheit gegen Steuer auf zucker‑, salz‑, und fet­thaltige Lebensmittel

Eine Steuer auf zucker‑, salz- und fet­thaltige Lebens­mit­tel lehnt nach wie vor eine Mehrheit ab. 2023 haben sich 35 Prozent dafür aus­ge­sprochen, im Vor­jahr 25 Prozent. Der Anstieg lässt sich damit erk­lären, dass glob­al und nation­al mehr über solche Steuern berichtet wird. Zudem scheinen staatliche Mass­nah­men an Akzep­tanz gewon­nen zu haben. In der Westschweiz ist die die Zus­tim­mung gesunken, von 47 Prozent auf 40 Prozent. Inter­es­sant ist das, weil in der Westschweiz Zuck­er­s­teuern poli­tisch disku­tiert wor­den sind.

Nur 33 Prozent denken, dass eine Steuer auf zucker‑, salz- und fet­thaltige Lebens­mit­tel Ein­fluss auf den Kon­sum hätte. 66 Prozent sind überzeugt, dass sich Ernährungs­ge­wohn­heit­en nicht mit Steuern ändern lassen. 72 Prozent stim­men zu, dass nicht Lebens­mit­tel entschei­dend sind, son­dern Ess­ge­wohn­heit­en. 76 Prozent betra­cht­en eine Zuck­er­s­teuer als ungerecht, weil sie Arme stärk­er belastet.

 

Getränke­hersteller reduzieren frei­willig Zucker

Rund 40 Prozent der in der Schweiz hergestell­ten Erfrischungs­getränke sind zuck­er­frei oder zuck­erre­duziert. Die Her­steller fördern die bewusste Auswahl und stillen die Nach­frage nach leicht­en Durstlösch­ern. 66 Prozent der befragten Stimm­berechtigten sind der Ansicht, dass es genug zuck­er­freie oder zuck­erre­duzierte Alter­na­tiv­en gibt.

Die Getränke­hersteller reduzieren den Zuck­er seit Jahren frei­willig. Von 2005 bis Ende 2020 waren es 15 Prozent. Am 14. Feb­ru­ar 2023 haben Getränke­hersteller und Detail­händler mit Bun­de­spräsi­dent Alain Berset die Erk­lärung von Mai­land unter­schrieben. Sie verpflicht­en sich, den Zuck­erge­halt in Getränken bis Ende 2024 um weit­ere 10 Prozent zu senken.

 

Mehr Infor­ma­tio­nen

gfs.bern hat den Mon­i­tor Ernährung und Bewe­gung im März 2023 zum 10. Mal real­isiert – im Auf­trag der Infor­ma­tion­s­gruppe Erfrischungs­getränke. Die Dat­en stam­men aus ein­er repräsen­ta­tiv­en Umfrage mit 1’000 stimm­berechtigten Schweiz­erin­nen und Schweizern.

 

1 Der Stich­proben­fehler beträgt 2.1 Prozent.