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18. September 2024

Schweizer Stimmberechtigte wollen Selbständigkeit in der Ernährung

Die stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich in Ernährungsfragen Eigenverantwortung und Aufklärung statt Restriktion. Auf Zustimmung stossen Projekte, die der Staat mit der Wirtschaft realisiert, wie zum Beispiel die Zuckerreduktion im Rahmen der Erklärung von Mailand. Eine klare Mehrheit von 70 Prozent lehnt eine Zuckersteuer ab. Drei Viertel sind der Ansicht, dass sich Ernährungsgewohnheiten nicht mit Steuern ändern lassen. Zu diesen Erkenntnissen kommt der repräsentative Monitor Ernährung und Bewegung 2024 von gfs.bern.

 

Kon­sumenten tra­gen selb­st am meis­ten zu ein­er aus­ge­wo­ge­nen Ernährung bei

Wer trägt dazu bei, dass sich Schweiz­erin­nen und Schweiz­er aus­ge­wogen ernähren und genug bewe­gen? In den Augen der Stimm­berechtigten leis­ten die Kon­sumenten selb­st den grössten Beitrag (durch­schnit­tlich 7.5 auf ein­er Skala von 0 bis 10). Darauf fol­gt das Umfeld mit Fam­i­lie und Fre­un­den (7). Die Schulen erre­ichen mit 6.2 den drit­ten Platz. Einen gerin­gen Wert erre­icht die Poli­tik mit 4.7. Eben­falls am unteren Ende der Skala ste­hen Lebens­mit­tel­her­steller (4.8) und die Getränke­branche (4.4). Gestiegen ist der Wert bekan­nter Vor­bilder (6.1).

 

Schweiz­er Lösun­gen statt Richtlin­ien inter­na­tionaler Organisationen

Laut dem Bun­de­samt für Gesund­heit sind 43 Prozent der Erwach­se­nen und 15 Prozent der Kinder übergewichtig. Die Stimm­berechtigten sind in den let­zten Jahren offen­er gewor­den für staatliche Mass­nah­men im Zusam­men­hang mit Ernährung und Bewe­gung. Das heisst aber nicht, dass Sie für rasche und uneingeschränk­te Über­nahme von Richtlin­ien inter­na­tionaler Organ­i­sa­tio­nen sind, wie beispiel­sweise der WHO.

Die Stimm­bevölkerung tendiert in Rich­tung Schweiz­er Weg. Auf ein­er Skala von 0 (uneingeschränk­te Über­nahme) bis 10 (klar eige­nen Weg) beträgt der Durch­schnitt 5.9. Die Ansicht­en dazu unter­schei­den sich stark nach Milieu und Generation.

 

Präven­tion und Aufk­lärung – Ja. Ver­bote und Abgaben – Nein.

Es gibt viele Ideen, wie der Staat Bewe­gung und aus­ge­wo­gene Ernährung fördern kön­nte. Die Wün­sche nach Präven­tion­spro­gram­men und nach gemein­samen Pro­jek­ten von Staat und Wirtschaft haben 2024 Höchst­werte erre­icht (94 und 93 Prozent). Das gilt auch für oblig­a­torische Ernährungskunde in Schulen (95 Prozent). Ein Beispiel für Pro­jek­te, welche Staat und Wirtschaft gemein­sam real­isieren, ist die Zuck­erre­duk­tion im Rah­men der Erk­lärung von Mailand.

Gesunken ist die Zus­tim­mung zu Ver­boten und Steuern. Kaum Chan­cen hät­ten eine Lenkungsab­gabe auf Zuck­er, deren Ertrag zur Aufk­lärung einge­set­zt würde (35 Prozent), ein Ver­bot «unge­sun­der» Lebens­mit­tel (30 Prozent) sowie eine Zusatzs­teuer auf zucker‑, salz- und fet­thaltige Lebens­mit­tel (27 Prozent). Mit 18 Prozent die unbe­liebteste Mass­nahme wäre die Ein­führung eines Min­destal­ters für den Kauf besagter Lebensmittel.

Die Umfrage zeigt, dass die Bevölkerung Mass­nah­men wün­scht. Sie unter­schei­det jedoch zwis­chen den For­men: Präven­tion und Aufk­lärung – Ja. Ver­bote und Abgaben – Nein. Mit Bil­dung und Infor­ma­tion fördert der Staat die Ernährungskom­pe­tenz. Die Ver­ant­wor­tung für die Ernährung bleibt bei den Bürg­erin­nen und Bürgern.

 

Solide Mehrheit gegen Zuckersteuer

Eine solide Mehrheit lehnt eine Steuer auf zucker‑, salz- und fet­thaltige Lebens­mit­tel ab. 2024 erre­ichte der Anteil jen­er, die sich damit anfre­un­den kön­nten, 28 Prozent. 70 Prozent sind nicht ein­ver­standen mit ein­er solchen Steuer. 77 Prozent find­en eine Zuck­er­s­teuer ungerecht, weil sie Ärmere stärk­er belastet. 74 Prozent sind überzeugt, dass sich Ernährungs­ge­wohn­heit­en nicht mit Steuern ändern lassen. 72 Prozent denken, dass nicht Lebens­mit­tel entschei­dend sind, son­dern Ess­ge­wohn­heit­en. 96 Prozent sind der Ansicht, dass soge­nan­nter ver­steck­ter Zuck­er aus Lebens­mit­teln ver­schwinden sollte.

 

Getränke­hersteller reduzieren frei­willig Zucker

Rund 40 Prozent der in der Schweiz hergestell­ten Erfrischungs­getränke sind zuck­er­frei oder zuck­erre­duziert. Die Her­steller fördern mit einem bre­it­en Sor­ti­ment die bewusste Auswahl, und sie stillen die Nach­frage nach leicht­en Durstlösch­ern. 65 Prozent der Befragten find­en, dass es genug zuck­er­freie oder zuck­erre­duzierte Alter­na­tiv­en gibt.

Getränke­hersteller reduzieren den Zuck­er seit Jahren frei­willig. Von 2005 bis Ende 2020 waren es 15 Prozent. Am 14. Feb­ru­ar 2023 haben Getränke­hersteller und Detail­händler mit dem dama­li­gen Bun­de­spräsi­den­ten, Alain Berset, die Erk­lärung von Mai­land unter­schrieben. Sie verpflicht­en sich, den Zuck­erge­halt in Getränken bis Ende 2024 um weit­ere 10 Prozent zu senken.

 

Schweiz­erin­nen und Schweiz­er wün­schen sich Transparenz

Was kön­nen Lebens­mit­tel­her­steller tun, damit wir uns aus­ge­wogen ernähren? Seit zehn Jahren erhält hier trans­par­ente und ver­ständliche Infor­ma­tion über Pro­duk­te am meis­ten Zus­tim­mung. 2024 sind es 97 Prozent. 96 Prozent erre­icht die Reduk­tion von Zuck­er, Salz und Fett.

Die Zus­tim­mung zu ein­er Vere­in­fachung der Nährw­ert­dekla­ra­tion ist auf 94 Prozent gestiegen. Mehrheits­fähig wäre die Idee, zucker‑, salz- oder fet­thaltige Nahrungsmit­tel nur noch in kleinen Por­tio­nen anzu­bi­eten (63 Prozent). Am unbe­liebtesten sind Preis­er­höhun­gen (31 Prozent) und der Verzicht auf die Genuss­mit­tel­pro­duk­tion (20 Prozent).

 

Mehrheit wün­scht sich Vere­in­fachung der Nährwertkennzeichnung

Im Mai 2024 gaben zwei Schweiz­er Lebens­mit­tel­her­steller bekan­nt, dass sie die frei­willige Kennze­ich­nung Nutri-Score aufgeben wer­den. Ihre Erfahrun­gen hät­ten gezeigt, dass der Nutzen im Ver­hält­nis zu den hohen Kosten ger­ing sei. Bei den Stimm­berechtigten scheint die Far­bkennze­ich­nung beliebt zu sein. Die Zus­tim­mung ist in den let­zten 10 Jahren gestiegen: von 58 Prozent im Jahr 2014 auf 82 Prozent im Jahr 2024.

Bei der oblig­a­torischen Nährstof­fkennze­ich­nung ver­hält sich der Trend umgekehrt: Seit dem Höchst­wert von 74 Prozent im Jahr 2016 geben immer weniger Stimm­berechtigte an, dass ihnen die Nährstof­fkennze­ich­nung aus­re­icht, um sich zu informieren. 2024 waren es 50 Prozent.

 

Mehr Infor­ma­tio­nen

gfs.bern hat den Mon­i­tor Ernährung und Bewe­gung im März 2024 zum 11. Mal real­isiert – im Auf­trag der Infor­ma­tion­s­gruppe Erfrischungs­getränke. Die Dat­en stam­men aus ein­er repräsen­ta­tiv­en Umfrage mit gut 1’000 stimm­berechtigten Schweiz­erin­nen und Schweizern.