9. September 2020
Zuckersteuer nach wie vor nicht mehrheitsfähig
70 Prozent der Stimmberechtigten lehnen eine Steuer auf zuckerhaltige Lebensmittel zur Beeinflussung des Konsums ab. Während 3 Prozent der Befragten unentschlossen sind, könnten sich gerade einmal 27 Prozent eine solche vorstellen. Das ist zwar ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, übersteigt aber den bisherigen Höchstwert der Zustimmung von 30 Prozent im Jahr 2017 nicht. In der Westschweiz ist die Zustimmung für eine Zuckersteuer seit 2014 etwas höher als in der Deutschschweiz. Die Werte der italienischsprachigen Schweiz variieren hingegen stark.
Ein Grund für die allgemein tiefe Zustimmung für eine Zuckersteuer ist die geringe erwartete Wirksamkeit. Nur 23 Prozent gehen davon aus, dass eine Zuckersteuer überhaupt einen Einfluss auf den Konsum hätte. Das sind weniger als die 27 Prozent, die eine Zuckersteuer befürworten. Somit dürften selbst einige Befürworter einer Zuckersteuer deren Wirksamkeit bezweifeln.
Informiertheit nimmt ab
Eine Mehrheit der Bevölkerung interessiert sich für die Themen Ernährung und Bewegung und findet diese wichtig (77 Prozent). 2014 haben dies noch 86 Prozent angegeben. 72 Prozent der Befragten fühlen sich zum Thema Ernährung und 69 Prozent zum Thema Bewegung gut oder sehr gut informiert. 2014 waren es bei der Ernährung noch 88, bei der Bewegung 89 Prozent.
Diverse Befragungen von gfs.bern der letzten Jahre zeigen, dass sich das sinkende Interesse nicht auf Ernährung und Bewegung beschränkt. Mit der Digitalisierung verlieren die klassischen Medien an Bedeutung. Neue Informationskanäle vermögen diese Lücke nicht zu schliessen. Vor dem Hintergrund dieser sinkenden Informiertheit behalten Aufklärung und Information in Sachen Ernährung einen hohen Stellenwert. Informierte Bürgerinnen und Bürger sind in der Lage, selbstbestimmt einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Eigenverantwortliches Handeln ist hier also der Schlüssel zum Erfolg und sollte gefördert werden. Staatliche Interventionen wie Steuern, Lenkungsabgaben und Verbote finden in der Bevölkerung nach wie vor keinen Anklang.
Einfache Kennzeichnung von Nährstoffen gewünscht
Der Anteil der Stimmberechtigten, welche die heute übliche Lebensmittelkennzeichnung häufig nutzen, hat in den letzten Jahren zugenommen. Zählt man den Anteil jener Personen dazu, welche die Kennzeichnung gelegentlich zu Rate ziehen, ergibt sich eine solide Mehrheit (79 Prozent). Dies lässt darauf schliessen, dass die Nutzung der Lebensmittelkennzeichnung in der Bevölkerung breit verankert ist.
Obschon die Lebensmittelkennzeichnung rege genutzt wird, ist ihre Akzeptanz nach einem kurzen Anstieg bis 2016 in den letzten Jahren deutlich gesunken. Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich eine möglichst einfache und transparente Kennzeichnung der Lebensmittelbestandteile. Die aktuelle Norm, die Nährwerttabelle, wird als zu kompliziert angesehen. Derzeit bewerten diese Art der Kennzeichnung nur noch 52 Prozent als sinnvoll. Stattdessen wünschen sich die Stimmberechtigten eine Farbkennzeichnung. 80 Prozent sind der Ansicht, dass sie zum gesetzlichen Standard werden sollte.
Freiwillige Zuckerreduktion
Die Getränkebranche spielt nach Ansicht der Stimmberechtigten eine immer wichtigere Rolle, wenn es um eine ausgewogene Ernährung geht. Die Mitglieder des Verbandes Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS) nehmen ihre Verantwortung wahr und senken den Zuckergehalt ihrer Produkte seit Jahren freiwillig. 40 Prozent der Erfrischungsgetränke enthalten gar keinen Zucker oder eine reduzierte Menge. Zudem sind viele Produkte auch in kleineren Portionengrössen erhältlich. Die Hersteller vereinfachen damit die bewusste Auswahl. Indem sie den Zuckergehalt ihrer Produkte senken, tragen sie dem Bedürfnis nach leichter Ernährung Rechnung.
Damit Konsumentinnen und Konsumenten geschmackliche Veränderungen nicht allzu stark wahrnehmen, reduzieren die SMS-Mitglieder den Zucker schrittweise und gehen dabei koordiniert vor. Dieser Weg, der auf Abmachungen und Freiwilligkeit beruht, erweist sich als zielführend: Von 2005 bis 2015 senkten sie den Zuckergehalt in ihren Erfrischungsgetränken um 13 Prozent. SMS-Mitglieder wollen die Reduktion von Zucker in Erfrischungsgetränken auf freiwilliger Basis weiterführen. In dieser Hinsicht findet zwischen dem SMS und dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ein konstruktiver Dialog statt.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung
Der Wunsch, das eigene Leben nachhaltiger zu gestalten, ist in der Schweizer Bevölkerung vorhanden. Im Lebensmittelbereich beeinflusst Nachhaltigkeitsdenken immer mehr Kaufentscheidungen. In diesem Zusammenhang ist es vielen Schweizerinnen und Schweizern ein Anliegen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) werden alleine in der Schweiz jährlich 2.6 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Bei zwei Dritteln dieser Abfälle handelt es sich um Food Waste. 38 Prozent der Stimmberechtigten betrachten Food Waste als sehr grosses, 40 Prozent als eher grosses Problem. Die Resultate der Befragung zeigen zudem, dass die Stimmberechtigten offen sind, ihr Konsumverhalten im Sinne der Nachhaltigkeit anzupassen. 69 Prozent geben an, dass sie eher ein teureres, dafür regionales Produkt wählen würden, als ein günstigeres Produkt unbekannter Herkunft. Im Alltag zeigt sich jedoch, dass der Preisaufschlag für regionale Produkte viele vom Kauf abhält.
Wahrnehmung von Ernährungsthemen von Corona-Krise nicht beeinflusst
Die Befragung des diesjährigen Monitors fiel mitten in die Zeit des durch den Bundesrat verordneten Lockdowns im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Verschiedene Befragungen haben gezeigt, dass die allgemeine politische und gesellschaftliche Lage auf die Wahrnehmung der Stimmberechtigten einen starken Einfluss haben kann. Angesichts der einschneidenden Massnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist es daher umso erstaunlicher, dass die Wahrnehmung von Ernährungs- und Bewegungsthemen davon nicht beeinflusst wurde.
Mehr Informationen
Der Monitor Ernährung und Bewegung 2020 wurde von gfs.bern für die Informationsgruppe Erfrischungsgetränke in einer repräsentativen Umfrage erhoben.
Ansprechpartner bei Fragen:
NR Lorenz Hess, Präsident: 079 356 59 26
Matthias Schneider, Vizepräsident: 044 835 94 72
Marcel Kreber, Sekretär: 079 650 48 73